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Unterhaltungsprogramm – die Zweite

Ich kann gut verstehen, warum Blütenzweig geschrieben hat, was er geschrieben hat.

Und ich möchte nicht nur noch mehr Worte über Worte über Worte nachschieben. Aber vielleicht doch mehr und mehr zur Klärung beitragen.

Wie schon so oft in meinen Kursen erläutert, kann man, der Besprechbarkeit halber, ICH, Bewusstsein, Gott (hoffe zumindest, dass von westlichen Yogis das Wort in diesem Sinne gebraucht wird, denn nur dann ist es verwendbar) in zwei Bewegungsrichtungen verstehen:

Die eine, die uns nur allzu sehr bekannt ist, die wir als „das Leben“ bezeichnen, als das Auf und Ab, als Schicksal, als „Welt“, als Persönlichkeit, etc. etc. erleben, geht nach außen, weg von ICH. Das geschieht mit sehr, sehr viel Kraft, mitreißend, unwiderstehlich stark. Da gehört das Wünschen dazu, endlich sein Glück zu finden, da gehört dazu, dass man sich mit Gedanken und Gefühlen identifiziert, dass man ihnen Wahrheit andichtet und mehr noch, dann nach dieser Pseudo-Wahrheit handelt.

Wenn du diesen nach außen gerichteten Strom als dich, als dein Leben, erfährst, wird durch alles, auch durch diese „Hinweise aus der äußeren Welt“, etc. diese Strömungsrichtung verstärkt. Yogis nennen das die gewollte Schrumpfung, Verfestigung, Verdichtung von Bewusstsein. Nach außen gerichtetes Bewusstsein vergisst sich – ein erstaunlicher Vorgang! So erstaunlich für die MeisterInnen der Yogatradition, dass sie diese Fähigkeit der Selbst-Vergessenheit als die deutlichste Zurschaustellung der Macht und Vollkommenheit von ICH bezeichnet haben.

Der nach außen gerichtete Strom, der, je vehementer er nach außen strömt, desto mehr an Macht verliert, spiegelt quasi die Möglichkeiten der anderen Strömungsrichtung von Bewusstsein: Glücklichsein, Einssein (zum Beispiel im Sex, in Beziehungen, im Beruf, in der Natur, usw.), Vollkommenheit, Einmaligkeit, Liebe, Heimat. Man könnte die Liste noch lange fortführen als die Liste aller Motivationen, aller Wünsche, allem innigsten Verlangens. Aber so, wie ein Spiegel, in dem man eine Pizza sieht, nie wirklich satt macht, so sind diese Spiegelungen von ICH nur dazu da, den inneren Hunger zu verstärken. Es entsteht die irrwitzige Hoffnung, dass mehr Spiegel, mehr Illusionen, mehr Nullen, endlich dazu führen, dass der Hunger gestillt wird. Aber so, wie sich in mehr Spiegeln nur immer mehr Pizzas spiegeln lassen, die aber genauso wenig den Hunger stillen, wie das eine Spiegelbild, so kann mit einem „Mehr“ an nach außen gerichtetem Leben nie Glück gefunden werden, nie Zufriedenheit, nie Friede und Liebe. Denkt einmal darüber nach. Wie sollte das denn gehen?

Jetzt gibt es ja, wie oben erwähnt, ZWEI Strömungsrichtungen. Ich bitte mir diese Sprachregelung in ihrer fehlenden Präzision zu verzeihen. Das stellt einfach meine eigene Grenze dar, darüber zu sprechen. Wenn sich also mein Bewusstsein endlich, ermüdet und zu tiefst enttäuscht, verzweifelt (was für ein Witz!!!) nach anderen Bewegungsrichtungen umsieht, dann KANN das Wunder geschehen: Schon nur durch die Umwendung des Bewusstseinsstroms in die andere Richtung („auf mich“ zu sagen, wäre für ego-identifizierte Menschen eine große Falle), öffnet sich, was kaum und letztendlich gar nicht in Worte zu fassen ist: ungeahnt, wie vollkommen neu und doch gleichzeitig vollkommen vertraut,  kommst du nach Hause. Und du merkst, dass du nie weg warst, dass du nur einen aufregenden, fesselnden Film gesehen hast, der dir das GEFÜHL gab, gereist zu sein.

ICH bin immer die Quelle und der Ausdruck von allem. Diese Erkenntnis (so man das überhaupt so nennen kann) taucht auf. Es ist meine feste, durch all meine Studien belegtes Erkenntnis, dass das NUR mit Hilfestellung eines Menschen zu bewerkstelligen ist, der dieses Prozess bereits ganz durchlebt hat. Ein Guru, so nennt man sie im Sanskrit, ist so ein Mensch. Er kennt den Weg, er zeigt den Weg, er ist die Verkörperung von ICH. Genauso, wie wir das auch sind, nicht aufhören können, zu sein.

ABER ohne seine Hilfe hört der Film nicht auf, ist auf Dauer-Repeat…. und täglich grüßt das Murmeltier :).

Natürlich könnte man sagen: „Aber mir gefällt der Film“. Darauf kann ich sagen: Dann warte mal. Im Außen folgt auf jeden Tag die Nacht, auf jede Freude ihr Gegenteil auf jedes „falling in love“ ein „falling out of love“, wie das die Amerikaner nennen: Verliebtsein und Enttäuschtsein. Es sei denn, ICH, die Quelle der Freude, die Quelle der Liebe rücke langsam in den Vordergrund.

Genau diesen Prozess wollte ich darstellen, als ich vom „Unterhaltungsprogramm“ schrieb.

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